Kurz nach 5:00 Uhr morgens war die Nacht vorbei und ich musste den Tag beginnen. Kurz zuvor hatte ich von Julia geträumt, meiner ersten und einzigen Liebe. Im Traum besuchte ich sie in einer Art Pflegeheim, obwohl es ihr sehr gut ging und sie sehr fröhlich war. Sie sagte einen denkwürdigen Satz zu mir: "Halt mich aus deinem Leben raus.". Nein, ich habe mich nicht verschrieben. Diesen Satz habe ich so noch nie gehört, in all meinen 46 Jahren. Damit war es um mich geschehen, den ganzen Tag über hatte ich nicht viel Anderes im Kopf.
Bei der Arbeit habe ich mich natürlich bestens bemüht um keine Fehler zu machen. Irgendwann, nach 14:00 Uhr, ging aber gar nichts mehr. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren und beendete den Arbeitstag dann vorzeitig. Meine Zeit abzusitzen macht ja auch keinen Sinn. Sehr spontan entschied ich mich dann dazu, an Julias Grabstelle zu fahren und dort ein Licht zu entzünden. Danach ging es zurück nach Nürnberg und dann in den Tanzkurs. Jetzt sitze ich hier, schreibe diesen Blog und werde dann sicher sehr gut schlafen. Mal sehen, was ich diese Nacht so zusammenträume. Seit ich die Zuckerzufuhr reduziert habe, erinnere ich mich deutlich öfter an meine Träume.
Natürlich weiß ich, dass Träume eine Botschaft vom Unterbewusstsein des Träumenden sind. Folglich habe ich darüber nachgedacht, was mir hier wohl gesagt werden soll, was die Botschaft sein soll. Vielleicht sagt mir eine Stimme, dass ich etwas Neues anfangen sollte. So recht glaube ich aber nicht daran, denn diesen Gedanken hatte ich ja schon oft. Es hat nur nie geklappt. Genauer gesagt, es hat in meinem ganzen Leben nur ein einziges Mal geklappt, eben mit Julia. Dass sie im Traum den Satz so formuliert hat macht sogar Sinn. Da sie ja leider schon verstorben ist, kann sie ja schlecht von ihrem Leben reden. Also forderte sie mich im Traum auf, sie aus meinem Leben rauszuhalten. Ganz schön clever.
Ich bedenke auch die spirituelle Seite. Die Traumwelt ist im Moment die einzige Welt, in der Julia und ich vereint sein können. Es kommen wieder ein paar von unseren Jahrestagen in nächster Zukunft, ich bin für dieses Thema also zur Zeit mehr als offen. Vielleicht war sie letzte Nacht, in welcher Daseinsform auch immer, bei mir und hat mich das eben wissen lassen. Ja, nennt mich ruhig einen Spinner. In diesem Fall konzentriere ich mich auch gar nicht so sehr auf das Gesagte, sondern darauf wie sie mir im Traum erschienen ist. Gesund, glücklich und voller Energie. So wie ich sie eben in Erinnerung habe von unserer Zeit damals. Womöglich ist ja genau das die Botschaft, sie will mich wissen lassen, dass es ihr gut geht und dass sie bei mir ist. Könnte sie mich jetzt sehen wäre sie sicher stolz auf mich. Vielleicht wäre sie auch kritisch und würde mir sagen, dass ich das schon längst hätte machen sollen. Potenzial verpflichtet zur Nutzung dessen. Im Traum hatte ich auch das Gefühl, einfach nur glücklich zu sein. Sie war ja in meiner Nähe.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass man Erinnerungen bewusst vergessen kann. Das will ich in diesem Fall aber gar nicht. Auch wenn Julia keine Heilige war, auch nicht im Umgang mit mir, so bin ich doch unendlich dankbar, dass es sie in meinem Leben gab. Wie leer wäre mein Leben denn ohne sie gewesen? Ich behalte sie immer im Herzen und in meinen Erinnerungen. Sie ist ein Teil von mir. Außenstehende mögen sagen, dass es doch nur eine Teenie-Liebe war. Es war so viel mehr, das war uns beiden damals klar. Weiterhin würde man wohl sagen, dass ich noch so an ihr hänge steht mir im Wege, wenn ich denn wirklich etwas Neues beginnen will. Man versteht halt meine Situation nicht.
Julia ist meine erste Liebe. Da es keine zweite gab, ist sie auch die große Liebe meines Lebens. Das heißt nicht, dass ich ihr über das Ende unserer Beziehung und sogar über ihr Lebensende hinaus treu bleibe. Es gibt keine Interessentinnen und falls doch mal, erkannte die Dame immer sehr schnell, dass sie etwas Besseres als mich bekommen könnte.
Immer nur Freunde, niemals mehr.
Immer nur Tanzpartner, niemals mehr.