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2008

1988 - Meine Großmutter mütterlicherseits verstirbt.
1996 - Mein Großvater mütterlicherseits verstirbt.
2000 - Mein Vater verstirbt.
2004 - Meine Mutter verstirbt.
2012 - Mein Neffe verstirbt.
2021 - Meine erste Liebe verstirbt.

Wenn Jemand unsere Welt verlässt wird man nicht nur den Tag, sondern das ganze Jahr in schlechter Erinnerung behalten. Da geht es sicher nicht nur mir so. Egal wie viele positive Dinge in diesem Jahr geschehen sind, der Abschied von einem geliebten Menschen überschattet alles.

Dann gibt es aber auch noch Jahre, die ganz ohne Todesfälle im engeren Umfeld als grausames Jahr in die persönliche Geschichte eingehen. In meiner persönlichen Geschichte war es das Jahr 2008. Unübertroffen bisher und so soll es bitte auch bleiben.

Gleich im Januar hatte ich einen Krankenhausaufenthalt. In Krankenhäuser fühle ich mich, selbst als Besucher, absolut unwohl. Wenn ich dann auch noch dableiben muss ist es noch viel schlimmer. In den Jahren zuvor hatte ich einen Rekord an Krankheitstagen aufgestellt. Der Hausarzt überwies mich an einen HNO-Arzt und der war erstmal auch recht ratlos. Dann stellte er eine verkrümmte Nasenscheidewand fest. Vielleicht würde es ja etwas bringen, wenn man diese operativ begradigen würde. In der Nacht vor der Operation musste ich schon ein Beruhigungsmittel nehmen. Dann kam die Narkose und ich schlief ein. Die Operation dauerte ungefähr 45 Minuten. Es sollte sich später herausstellen, dass es nichts gebracht hat. Meine ständigen Erkältungsbeschwerden hatten keine rein biologische Ursache. Da spielte die Psyche mit.

 

Im März hatte ich den ersten und einzigen One-Night-Stand meines Lebens. Was ich für den Beginn von etwas Besonderem hielt, stellte sich als einmalige Sache heraus. Jetzt kann ich zurückblicken und mir vorwerfen, wie dumm ich damals doch gewesen bin. Das hätte ich echt besser wissen müssen. Tamara (Name geändert) besuchte mich. Sie hatte ein negatives Erlebnis und brauchte Jemanden, der ihr zuhört. Dafür war ich immer gut. Wie ein guter Freund hörte ich ihr zu. Als sie einen Ratschlag brauchte, habe ich ihn ihr gegeben. Als sie Ablenkung suchte, habe ich für Ablenkung gesorgt. Es wurde immer später und ich wollte sie nicht alleine nach Hause fahren lassen. Es war ihre Entscheidung bei mir zu bleiben und die Nacht mit mir zu verbringen.

Wir kamen uns näher und endeten schließlich gemeinsam unter der Bettdecke. Sie wollte, ich wollte. Sie übernahm die Initiative und ich versagte. Wieder einmal. Es war bis heute der letzte Versuch und es wird wohl auch dabei bleiben. Jedes bisschen Hoffnung und Optimismus auf diesem Gebiet starb in dieser Nacht. Am nächsten Tag verabschiedete sie sich schnell und ging zurück zu ihrem Partner. Ich wusste dass sie schon vergeben ist und machte mir dennoch Hoffnung. Ja, ich bin dumm. Sogar noch dümmer.

Etwa vier Wochen später war ihre Beziehung beendet und ich machte mir wieder Hoffnungen. Von ihr kam nur die Standard-Antwort, dass sie noch nicht bereit sei für etwas Neues. Weitere zwei Wochen später hatte sich das geändert. Die ganze Clique war mal wieder in meinem Wohnzimmer versammelt. Tamara saß auffällig nah bei einem meiner langjährigen Freunde. Sie ließen sich alle mit Getränken und Snacks von mir bedienen bis dann endlich das Offensichtliche ausgesprochen wurde. Sie war nun schon wieder vergeben, diesmal eben an jenen Freund. Von ihr kam keine Ansage, nur von ihm. "Wir sind jetzt zusammen, so ist es, komm damit klar!". Natürlich kann ich ihm gar keinen Vorwurf machen, ich hätte ja auch keine Rücksicht genommen. Zum Heuchler will ich nicht auch noch werden. Vielleicht hatte er ja auch gar keine Ahnung von der Geschichte, sie allerdings schon. Die Situation hätte sie auf jeden Fall besser lösen können.

Die Situation setzte mir schwer zu und überforderte mich maßlos. Es war der Anfang vom Ende, bald darauf war ich kein Teil dieser Clique mehr. Vorher hatte ich aber noch versucht ein guter Freund zu sein, was mir nur einen weiteren schweren Schlag versetzte. Die Clique besuchte gemeinsam ein Event. Ich lief ganz hinten als Schlusslicht, daran erinnere ich mich noch sehr genau. Direkt vor mir, das neue glückliche Pärchen. Plötzlich hatte Tamara das Bedürfnis ihr Schweigen zu brechen. Noch im Arm ihres Partners drehte sie sich zu mir um, schaute mich kurz an und sagte dann: "Du freust dich ja gar nicht für uns. Du bist ja ein toller Freund.". Obwohl ich den Drang sehr deutlich spürte, schluckte ich meinen Ärger herunter und schlug ihr nicht ins Gesicht. Das hätte ja auch nichts geändert.

Mit der Clique war ich eigentlich durch. Ich war maßlos enttäuscht, nicht nur von Tamara. So behandelte man mich also. Die Schuld dafür gab ich mir selbst, ich ließ mich schließlich so behandeln. Ändern könnte ich es nicht, aber ich kann mich einfach der Situation entziehen. Ein Verhaltensmuster, dass mir bis heute geblieben ist. Ein letztes Highlight sollte es aber noch geben.

 

Inzwischen war es Sommer geworden. In der Clique war einiges los, ein anderes Pärchen hatte sich getrennt und ich fand durchaus Gefallen an ihr. Mehr nicht. Damit war ich nicht allein. Schon einmal war ich mit einem Freund, nennen wir ihn Bruno, in dieser Situation, damals hatte die betroffene Dame aber schnell ein Machtwort gesprochen: "Ich will keinen von euch für mehr als Freundschaft!". Nun war es anders, diese Dame wusste wahrscheinlich nichts von ihren zwei Verehrern, daher konnte sie auch nichts dazu sagen. Die Clique besuchte eine Großveranstaltung, ein öffentliches Konzert mit freiem Eintritt. Wir fanden einen Platz, Bruno machte es sich neben der Auserwählten bequem. Den ganzen Abend über quatschte er sie zu, obwohl wir ja dort waren um der Musik zu lauschen. Irgendwann, schon gegen Ende des Abends, tippte ich sie kurz am Ellenbogen an. Sie schaute zu mir und wir lächelten uns an. Mehr nicht. Kein Wort wurde gesprochen.

Nach diesem Konzert nahm ich Bruno zur Seite zum offenen Gespräch. Wir waren erneut beide an einer Dame interessiert. Eine heikle Situation.

Sechs Tage nach diesem Konzert klingelte es an meiner Tür. Ich sah durch den Spion in der Tür und erblickte eine Freundin, meine damalige Tanzpartnerin. Natürlich öffnete ich die Tür. Die ganze Clique drängte nun plötzlich in die Wohnung und ließ sich nieder. Eingeladen habe ich sie nicht. Die Herrschaften nahmen also Platz, ich stand im Türrahmen, die Clique im Halbkreis vor mir. Der auserwählte Redner kam auch gleich zur Sache. Es ging um den Abend des Konzerts und plötzlich war von sexueller Belästigung die Rede. Ich habe erst gar nicht verstanden, was genau damit gemeint war. Angeblich hätte ich die junge Dame, durch das Antippen am Ellenbogen, belästigt. Sie selbst saß auch vor mir, doch sie schwieg. Für den Fall dass sie sich tatsächlich von mir belästigt gefühlt hatte entschuldigte ich mich bei ihr, doch sie winkte nur ab. Nun erklärte sie, dass sie sich natürlich nicht belästigt gefühlt hatte.

Ich konnte mir schon zusammenreimen was da los war. Bruno steckte dahinter und wollte wohl die Streuung derartiger Gerüchte einen Vorteil bei der Dame haben. Das erklärte ich dann auch der Clique so. Bruno meinte nur, er habe kein Interesse an ihr. In ihrem Beisein. Damit hatte sich das dann wohl auch erledigt. Sechs Tage zuvor hatte er mir noch etwas anderes gesagt. Was nun die Wahrheit ist, ist in so einem Fall auch egal. Eine der Aussagen ist auf jeden Fall eine fette Lüge. Die Clique war auch sofort bereit, diese Anklage zu unterstützen. Keiner kam auf den Gedanken "klingt nicht nach etwas dass Ben tun würde". Zu einer Entschuldigung ließ sich auch, bis heute, Niemand hinreißen. Wer solche Freunde hat...

 

Der Kontakt zu dieser Clique wurde von meiner Seite aus erstmal beendet und auch die Tanzpartnerschaft mit dem Lockvogel endete. Man begegnete sich aber dennoch immer wieder, unter Anderem eben auch im Tanzstudio. Tatsächlich überlegte ich, die Tanzschuhe an den Nagel zu hängen, entschied mich dann aber dagegen. Einfach eine neue Tanzpartnerin finden und weitermachen, so sollte es geschehen. Klüger wäre es gewesen, das Jahr in Ruhe ausklingen zu lassen und mit dem neuen Jahr einen Neuanfang zu machen. Hinterher weiß man immer mehr.

Eine neue Tanzpartnerin war schnell gefunden, doch damit begann das nächste Drama. Im Winter drehten wir nach dem Tanzkurs noch eine Runde über den berühmten Weihnachtsmarkt. Meine Tanzpartnerin, nennen wir sie Hildegard, wies noch darauf hin dass sie nicht viel verträgt. Dennoch tankte sie ganz ordentlich am Glühwein. Der Abend näherte sich dem Ende und nun war die Frage, wie es mit Hildegard weitergehen würde. Ich gutmütiger Idiot bot ihr mein Gästezimmer an. Wir kehrten bei mir ein und sie erwachte kurzzeitig zu neuem Leben. Ein Freund von ihr wurde ihr erstes Opfer, sie schmiss sich regelrecht an ihn heran. Nachdem er sie abwehren konnte war ich dran. Meine Schwester war auch vor Ort und beobachtete das Spektakel eher amüsiert. Hildegards Freund und meine Schwester verabschiedeten sich und ich brachte Hildegard ins Gästezimmer. Noch war die Nacht aber nicht vorbei.

Mitten in der Nacht wurde ich wach und hatte Hildegard plötzlich neben mir. Sie wurde wach und hat in der fremden Wohnung den Weg in mein Schlafzimmer gefunden. Noch immer hatte ich aber kein Interesse an ihr. Ich hatte alle Hände voll zu tun um sie erneut abzuwehren und wieder ins Gästezimmer zu bekommen.

Wenige Tage später kam ich ins Tanzstudio zum Kurs mit Hildegard. Schon vorher wurde ich von einigen Leuten empfangen und über die neuesten Gerüchte informiert. Scheinbar hat Hildegard von diesem Abend erzählt, allerdings etwas anders. In ihrer Version hätte ich sie mit Absicht betrunken gemacht um dann über sie herzufallen. Glücklicherweise hatte ich für diesen Abend ja Zeugen und Hildegard einen gewissen Ruf. Keiner glaubte ihr und schließlich endete auch diese Tanzpartnerschaft.

 

Zum Jahresabschluss gab es dann noch eine Begebenheit. Mein damaliger Hausarzt wollte mich anlässlich meines 30. Geburtstages mal gründlich untersuchen. Die Krankheitstage wurden zwar weniger, kamen aber immer noch zu häufig vor. Nach der Untersuchung teilte er mir auf seine ganz eigene Art das Ergebnis mit. "Wenn sie so weitermachen, werden sie die 50 nicht erleben." Als ich das hörte, war mir das komplett egal. Immerhin bemerkte ich aber, dass diese Einstellung ein Problem ist und suchte mir professionelle Hilfe.

 

Nun gibt es immer wieder Hobby-Psychologen, die sich wundern, dass ich an so alten Geschichten festhalte. Warum sich immer wieder an etwas Negatives erinnern? Das hat einen sehr guten Grund. Es zeigt mir auf, was ich schon alles durchgemacht und überstanden habe. Genau das gibt mir Kraft.


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